Der Nopec-Gesetzesentwurf könnte von einem Ausschuss noch in der Nacht zum Freitag (MESZ) verabschiedet werden und damit den Weg für Kartellklagen bahnen. Er soll Verbraucher wie Unternehmen in den USA vor künstlich herbeigeführten Preissteigerungen bei Benzin und Heizöl schützen. Dabei steht der Vorwurf im Raum, dass die im Ölkartell Opec zusammengeschlossenen Förderländer mit Lieferkürzungen die Preise absichtlich nach oben getrieben haben. Nachfolgend einige Details zum Gesetzentwurf:

Was ist der Nopec-Gesetzesentwurf?

Der überparteilich eingebrachte Nopec-Gesetzentwurf würde das amerikanische Kartellrecht ändern. Die Immunität von Staaten würde aufgehoben, die die Staaten der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und deren nationale Ölgesellschaften lange vor Klagen geschützt hat. Der US-Generalstaatsanwalt erhielte die Möglichkeit, das Ölkartell oder dessen Mitglieder wie das tonangebende Saudi-Arabien vor einem Bundesgericht zu verklagen. Auch andere Produzenten wie Russland, die mit dem Kartell in der grösseren Gruppe Opec+ zusammenarbeiten, könnten verklagt werden.

Unklar ist, wie ein Bundesgericht kartellrechtliche Entscheidungen gegen eine ausländische Nation durchsetzen könnte. Mehrere Versuche, Nopec in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu verabschieden, haben Saudi-Arabien beunruhigt. Die Führung in Riad hat jedes Mal, wenn eine Version des Gesetzentwurfs vorgelegt wurde, massive Lobbyarbeit gestartet.

Wie geht es weiter?

Es wird erwartet, dass der Justizausschuss des Senats die jüngste Fassung des Gesetzes am Donnerstag verabschiedet. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss es anschliessend den gesamten Senat und das Repräsentantenhaus passieren und vom Präsidenten unterzeichnet werden. Aus dem Weissen Haus kamen bislang keine Äusserungen dazu, ob Präsident Joe Biden den Gesetzentwurf unterstützt. Offen ist zudem, ob im Kongress eine Mehrheit zustande kommt.

Was hat sich jetzt geändert?

Frühere Versionen des Nopec-Gesetzes scheiterten am Widerstand von Lobbygruppen. Doch in jüngster Zeit haben sich im US-Kongress die Sorgen und die Wut über die steigenden Benzinpreise verstärkt. Diese haben dazu beigetragen, dass die Inflationsrate den höchsten Stand seit Jahrzehnten erreicht hat. Das erhöht die Chancen auf einen Erfolg für den Entwurf.

Die Opec-Länder haben die Aufforderungen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten, die Ölhähne schrittweise weiter zu öffnen, bislang zurückgewiesen. Russland, das normalerweise etwa zehn Prozent des weltweiten Erdöls produziert, könnte in diesem Jahr einen Rückgang der Rohölproduktion um bis zu 17 Prozent erleben. Der Grund: Es hat wegen des Einmarsches in die Ukraine mit westlichen Sanktionen zu kämpfen.

Gibt es Risiken und Nebenwirkungen?

Einige Analysten befürchten, dass eine überstürzte Verabschiedung des Gesetzes unbeabsichtigte Folgen haben könnte. So könnten Länder ihrerseits ähnliche Massnahmen gegen die USA ergreifen, die beispielsweise die landwirtschaftliche Produktion zurückhalten, um die heimischen Landwirte zu unterstützen. "Es ist immer eine schlechte Idee, Politik zu machen, wenn man wütend ist", warnt der ehemalige CIA-Analyst Mark Finley vom Baker Institute der Rice University.

Die Opec-Staaten könnten auch auf andere Weise zurückschlagen. 2019 drohte Saudi-Arabien damit, sein Öl in anderen Währungen als dem Dollar zu verkaufen, falls ein Nopec-Gesetz verabschiedet werde. Dies würde den Status des Dollar als wichtigste Reservewährung der Welt untergraben, den Einfluss der USA auf den Welthandel verringern und die US-Fähigkeit schwächen, Sanktionen gegen andere Staaten durchzusetzen. Saudi-Arabien könnte zudem beschliessen, Waffen aus anderen Ländern als den Vereinigten Staaten zu kaufen, womit der US-Rüstungsindustrie lukrative Aufträge verloren gingen.

Auch könnten die Ölproduzenten US-Investitionen in ihren Ländern einschränken oder einfach ihre Preise für in die USA verkauftes Öl erhöhen - und damit das grundlegende Ziel des Gesetzes untergraben. Die USA und ihre Verbündeten stünden bereits vor grossen Herausforderungen bei der Sicherung einer zuverlässigen Energieversorgung, sagt Paul Sullivan vom Global Energy Center des Atlantic Council. "Das Letzte, was wir tun sollten, ist, eine Granate in die Sache zu werfen."

Ölindustrie dagegen

Die führende US-Öllobbygruppe, das American Petroleum Institute, hat sich ebenfalls gegen den Nopec-Gesetzentwurf ausgesprochen. Begründung: das schade den heimischen Öl- und Gasproduzenten. Eine Befürchtung der Industrie ist, dass die Nopec-Gesetzgebung letztendlich zu einer Überproduktion der Opec führen könnte, wodurch die Preise so niedrig wären, dass die Energieunternehmen in den USA Schwierigkeiten hätten, ihre häufig kostspieligere Produktion zu steigern. Saudi-Arabien und andere Opec-Länder verfügen über einige der billigsten und am einfachsten zu fördernden Reserven der Welt. "Das könnte die Bohraktivitäten in den US-Ölfeldern abkühlen und sowohl die heimische Energiesicherheit als auch den heimischen Wirtschaftsaufschwung gefährden", heisst es bei der Forschungsgruppe ClearView Energy Partners.

(Reuters)